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Gebhard Rainer: "Nicht nur reisen, sondern lernen und verstehen"

Erstellt von Martin Metzenbauer.  Veröffentlicht am 20.05.2025

Der CEO von HX über Nachhaltigkeit statt Masse, Bildung statt Entertainment - und warum er nie ein Fan von großen Kreuzfahrtschiffen war.

Der Österreicher Gebhard Rainer steht seit 2024 an der Spitze von HX (ehemals Hurtigruten Expeditions).  © ReiseInsiderDie Roald Amundsen ist eines von aktuell fünf Schiffen von HX. © HX

Expeditionskreuzfahrten boomen – immer mehr Anbieter drängen in diesen wachsenden Markt. HX, ehemals Hurtigruten Expeditions, verfolgt dabei einen eigenen Kurs: Mit klarem Fokus auf Wissenschaft, Nachhaltigkeit und Bildung will die Reederei neue Maßstäbe setzen und Reisen mit echtem Mehrwert gestalten.

Im Gespräch mit ReiseInsider erklärt der aus Tirol stammende CEO Gebhard Rainer, was für ihn echte Expeditionskompetenz ausmacht, wohin die Reise für HX geht und wie er nach einer langen Hotellerie-Karriere in der Kreuzfahrtbranche gelandet ist.

ReiseInsider: HX hieß früher Hurtigruten Expeditions. Warum haben Sie die Marke neu positioniert?

Gebhard Rainer: Wir wollten das Unternehmen klarer positionieren. HX steht heute für eine moderne, eigenständige Expeditionsmarke mit Fokus auf drei zentralen Säulen: Nachhaltigkeit, Wissenschaft und Bildung. Diese Prinzipien leiten uns nicht nur strategisch, sondern spiegeln sich auch konkret in unseren Reisen wider. Wir arbeiten eng mit lokalen Gemeinden in entlegenen Regionen zusammen, kooperieren mit wissenschaftlichen Einrichtungen und legen Wert darauf, dass Gäste nicht nur reisen, sondern lernen und verstehen. In dieser Form macht das in unserer Branche derzeit niemand so umfassend wie wir.

Gibt es konkrete Pläne für neue Schiffe oder Routen?

Ja, wir sind aktuell in einer intensiven Evaluierungsphase, was neue Destinationen betrifft – besonders interessant sind Warmwasser-Ziele um unseren Gästen zusätzlich zu den Polarregionen und Galapagos interessante Regionen, die mit unseren Prinzipien übereinstimmen, anbieten zu können. Auch neue Schiffe sind ein Thema. Es geht dabei nicht nur um mehr Kapazität, sondern darum, wie ein neues Schiff unsere nachhaltige Ausrichtung optimal unterstützen kann. Die Technologie entwickelt sich schnell, und wir wollen, wenn wir investieren, auf dem modernsten Stand sein – auch was Umweltverträglichkeit betrifft. Eine Entscheidung in diese Richtung erwarten wir im kommenden Jahr.

HX und Hurtigruten – wie genau grenzen sich die beiden Marken voneinander ab?

Wir sind Schwestermarken mit gemeinsamer Herkunft, aber unterschiedlichen Ausrichtungen. Hurtigruten fährt die klassische Route entlang der norwegischen Küste – wir von HX hingegen sind fokussiert auf echte Expeditionsreisen in die Polarregionen und andere entlegene Gebiete. Die einzigen Überschneidungen gibt es vielleicht im Norden Norwegens, aber auch da unterscheiden wir uns klar: Wir machen dort echte Expeditionen – nicht nur Fahrten entlang der Küste.

Was erwartet mich als Gast an Bord eines HX Schiffes?

Kein Dresscode, kein steifer Luxus – dafür hohe Qualität und ein klares Erlebnisversprechen. Wir bieten „relaxed luxury“: sehr gute Küche, komfortable Ausstattung, aber vor allem außergewöhnliche Erfahrungen. Unsere Expeditionsteams begleiten die Reisen mit fundiertem Wissen, Gäste können aktiv an wissenschaftlichen Projekten teilnehmen, und unser Fokus liegt auf verantwortungsvollem Reisen. Es geht nicht darum, sich in Smoking und Abendkleid zu werfen, sondern darum, die Welt bewusst zu erleben.

Wissenschaft und Bildung sind für HX wichtige Pfeiler – wie genau sieht das in der Praxis aus?

Unsere Gäste können sich aktiv beteiligen – etwa bei Projekten zur Planktonforschung oder zur Beobachtung von Walen. Mit der Universität Tasmanien bieten wir Antarktis-Gästen einen Studienkurs an, mit dem sie echte Experten werden können. Und wir arbeiten mit Universitäten wie der in Tasmanien zusammen, um zu erforschen, wie sich unsere Reisen auf das Umweltbewusstsein der Gäste auswirken. Erste Ergebnisse zeigen: Der Eindruck hält oft monatelang an und verändert tatsächlich Einstellungen und Verhaltensweisen.

Welche Zielgruppen sprechen Sie mit diesem Konzept an?

Unsere Gäste sind oft sehr erfahrene Reisende – Menschen, die neugierig sind, Dinge hinterfragen, etwas lernen wollen. Viele von ihnen wollten vielleicht ihr Leben lang schon einmal in die Antarktis oder Arktis – aber sie möchten das bewusst tun. Das sind keine Billigreisen – wir bieten kein Produkt für 299 Euro pro Woche. Aber wir liefern einen hohen Gegenwert. Es geht nicht um Masse, sondern um Tiefe.

Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema – was tut HX konkret dafür?

Unsere beiden Hybridschiffe waren die ersten ihrer Art in der Branche. Darüber hinaus setzen wir auf umfassendes Recycling – auch Abwasser wird bei uns auf Trinkwasserqualität gereinigt, bevor es abgelassen wird. Unser Ziel ist, möglichst wenig Spuren zu hinterlassen. Wir kooperieren eng mit Gemeinden vor Ort, oft Jahre im Voraus, um Reisen so zu gestalten, dass sie langfristig Nutzen bringen. Expedition bedeutet für uns nicht, irgendwo mit 300 Leuten einzufallen, kurz einzukaufen und wieder zu verschwinden. Wir entwickeln gemeinsam Projekte, die kulturell und wirtschaftlich tragfähig sind.

Wie sehen Sie die Zukunft der Expeditionskreuzfahrten?

Ich glaube nicht an eine Verdopplung oder Verdreifachung des Markts – zumindest nicht kurzfristig. Im Gegenteil: Ich denke, wir werden eine Konsolidierung erleben. Es sind viele neue Anbieter dazugekommen, aber nicht alle haben die nötige Tiefe oder Expertise. Expedition ist kein Etikett, das man sich einfach umhängen kann. Es braucht langfristige Beziehungen, Erfahrung und ein echtes Verständnis für die Regionen. Diejenigen, die das ernsthaft betreiben, werden sich durchsetzen.

Was macht eine gute Expeditionsreederei aus?

Erfahrung, Verantwortung und echtes Interesse an den Regionen. Man muss vor Ort verankert sein – sowohl im Norden, etwa in Norwegen oder Grönland, als auch im Süden, etwa in der Antarktis. Wir sind z.?B. im Vorstand von IAATO, der Organisation, die die Regeln für Reisen in die Antarktis mitgestaltet. Das zeigt: Wir übernehmen Verantwortung – nicht nur für unsere Gäste, sondern auch für die Regionen, in denen wir unterwegs sind.

Sie sind gebürtiger Österreicher. Wie kam es zur Rückkehr nach Europa?

Ich habe über 40 Jahre im Ausland gelebt, zuletzt auf Jamaica in der Karibik. Meine Frau und ich haben uns vor dem Ruhestand eine Wohnung in Wien gekauft, um wieder näher an Europa zu sein. Ich hatte nicht geplant, nochmal einen Job anzunehmen – schon gar nicht in der Kreuzfahrtbranche, da mich große Schiffe nie interessiert haben und meinen persönlichen Prinzipien widersprechen. Aber dann kam die Anfrage von HX – und das Konzept hat mich begeistert. Nachhaltigkeit, Bildung, Wissenschaft – das entspricht voll meinen Werten.

Und zum Schluss – was ist Ihr persönliches Ziel für die kommenden Jahre bei HX?

Ich möchte HX als führende Expeditionsmarke etablieren – nicht nur finanziell erfolgreich, sondern auch als Vorreiter in Nachhaltigkeit, Wissenschaft und Bildung. Wir wollen Reisen bieten, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen – und unseren Gästen wie auch den bereisten Regionen langfristig etwas bringen.

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