Früher war alles etwas einfacher: Man ging mit seinem Koffer zum Check-In-Schalter und fragte dort höflich, ob man vielleicht am Fenster, im Raucherbereich oder doch lieber etwas weiter vorne sitzen durfte. Vielflieger, die sich auskannten, baten eventuell um einen Platz in der Notausstiegsreihe: Sie wussten, dass dort die Beinfreiheit etwas großzügiger bemessen war.
Heute hingegen sieht die Situation komplett anders aus: Die meisten Airlines geben die etwas besseren Plätze nicht mehr kostenlos her und haben sich in den letzten Jahren immer neue Ideen einfallen lassen, wofür man einen zusätzlichen Obulus verlangen kann. Dazu zählen natürlich die Sitzreihen am Notausgang, die beispielsweise als "Extra Legroom Seat" angepriesen werden.
Vorne sitzen kostet mehr
Aber es gibt auch - beispielsweise bei Austrian Airlines - eine "Preferred Zone": Um dort zu sitzen, darf man beispielsweise bei einem Flug nach London bei einem Ticket mit inkludierter Sitzreservierung noch einmal 20 Euro drauflegen. Und was bekommt man dafür? Man sitzt im Flieger weiter vorne. Zwei Vorteile gibt es dort: Ersten kommt man schneller aus dem Flugzeug raus und zweitens stehen die Sitzreihen in den Airbus- und Embraer-Flugzeugen der rot-weiß-roten Airline vor der Notausstiegsreihe etwas weiter auseinander - man hat also mehr Beinfreiheit.
Wer in dieser "Preferred Zone" sitzen möchte, kann dies allerdings - mit etwas Glück - trotzdem ohne diese Gebühr erreichen. Und zwar funktioniert das so: Man reserviert bei der Buchung irgendeinen akzeptablen Platz im hinteren Bereich des Fliegers. Nachdem der Online-Check-In - meist 48 Stunden vor Abflug - geöffnet wurde, kann man sich bei der AUA kostenlos einen anderen Sitz vorne aussuchen. Das klappt natürlich nur, wenn in der "Preferred Zone" noch Plätze frei sind.
"Fensterplätze" ohne Fenster
Andere Airlines sind hinsichtlich der Sitzreservierungen noch um einiges kreativer. Emirates beispielsweise verlangt Extrgabühren für Doppelsitze im Heck ihrer Boeing 777. Bei Ryanair gibt es gleich vier Optionen für Aufpreise je nach Position des Sitzes: Auf einem Flug von Wien nach Paris Beauvais waren das beispielsweise 13 Euro für die erste Reihe mit zusätzlicher Beinfreiheit, 6 Euro für die Reihen 2 bis 5, 2 Euro für die Reihen 6 bis 9 und 7 Euro für die Notausstiegsreihen. Apropos Ryanair: Hier gibt es eine Besonderheit: In den Boeing 737-800-Flugzeugen besitzen die Sitze A, B und C (also links im Flugzeug) von Reihe 2 bis Reihe 15 einen etwas schmäleren Sitzabstand als die Sitze D, E und F.
Wem die Beinfreiheit egal und ein Fensterplatz wichtiger ist, der kann diesen natürlich auch im Vorfeld buchen. Doch auch hier muss man vorsichtig sein: Manche "Fensterplätze" besitzen nämlich gar kein solches. Um beim Beispiel Ryanair zu bleiben, muss man in der Boeing 737-800 auf den Sitzen 12A, 14A und 12F den Kopf arg verrenken, um einen Blick nach auße zu erhaschen. Wer in der Austrian Airlines Business Class fliegt, hat in der Boeing 767 auf den "Fensterplätzen" 6A und 6K nur eine sehr eingeschränkte Sicht in die große, weite Welt.
Information ist alles
Um hier eine etwaige böse Überraschung zu vermeiden, kann man sich im Vorfeld recht gut informieren. Zum einen gibt es natürlich die Sitzpläne bei den Airlines selbst - beispielsweise hier für Austrian Airlines, hier für Lufthansa und hier für Swiss. Nachdem die Fluglinien ihre "schlechten" Plätze verständlicherweise nicht deklarieren, gibt es glücklicherweise gute Alternativen, wo die "Problemregionen" im Flieger beim Namen genannt werden.
Der Platzhirsch dabei ist die Plattform SeatGuru, die zum Branchenriesen TripAdvisor gehört. Hier findet man die einzelnen Airlines mit ihren Flugzeugtypen aufgelistet. Die jeweiligen Sitze sind farbmarkiert - weiß steht für "Standard Seat", gelb für "Be Aware" (beispielsweise bei Plätzen in der Nähe von Toiletten), rot für "Bad Seat" (wenn etwa wie bei den oben angesprochenen Beispielen ein Fenster fehlt). Grün gibt es auch - und zwar für einen "Good Seat", also einen Sitzplatz mit besonders positiven Eigenschaften.
Newcomer Aerolopa
Ein Nachteil bei SeatGuru ist, dass die Daten nicht immer ganz aktuell sind. Bei Austrian Airlines werden beispielsweise noch die Dash-8-Propellermaschinen angeführt, von denen 2021 das letzte Exemplar die AUA-Flotte verlassen hat. Auch die Anzahl der Premium-Economy-Reihen in den Boeing 767 und 777 der österreichischen Fluglinien stimmen nicht mehr - diese Zwischenklasse wurde zuletzt deutlich vergrößert.
Eine sehr gute Ergänzung zu SeatGuru stellt die relativ neue Seite Aerolopa dar, die hier aufgerufen werden kann. Hier findet man graphisch exzellent aufbereitete und aktuelle Sitzpläne von sehr vielen Fluglinien. Dazu gibt es zwar wenig Zusatzinformationen (teilweise werden die Sitzabstände oder die Fabrikate genannt) - dafür man auf relativ maßstabsgetreuen Plänen, wie die Situation um einen Sitz herum aussieht. Um beim vorigen Beispiel zu bleiben, erkennt man die Positionen der Fenster gut.
Kinder(freie) Zone
Die 2021 gegründete Seite erklärt, dass Fluggesellschaften in der digitalen Welt dazu neigen würden, "nur die grundlegendsten Informationen anzuzeigen, die oft in einer sehr abstrakten Form präsentiert werden." Das kann man nur bestätigen: Bei der Auswahl auf den Buchungsseiten sind die "Pläne" oft ihren Namen nicht wert. Aerolopa will daher Details und Nuancen zeigen, damit Passagiere besser informiert sind.
Worauf sollte man bei der Wahl des Sitzplatzes noch achten? Man kann sich beispielsweise die Positionen der "Bassinet Seats" ansehen, die sich meist in der vordersten Reihe der einzelnen Abteilungen im Flugzeug befinden. Dort können Krippen für Babies eingehängt werden - Passagiere mit kleinen Kindern finden sich also oft in diesem Bereich. Wer (kinder)lärmempfindlich ist, sollte sich selbst (und den fliegenden Familien zuliebe) besser einen anderen Platz im Flieger suchen. Übrigens bietet die Fluglinie Corendon testweise eine "kinderfreie Zone" auf einzelnen Langstreckenflügen an (freilich muss auch dafür Aufpreis gezahlt werden). Man darf gespannt sein, ob sich so etwas - analog den "Adults only"-Hotels - durchsetzen wird.
Business-Class-Auktion
Eine ganz gute Methode, teilweise preisgünstig einen Sitz in der Business statt der Economy Class zu bekommen, bieten mittlerweile schon einige Fluglinien an. So erhält man bei Austrian Airlines oftmals ein Mail mit dem Angebot, für ein Upgrade zu bieten. Dies funktioniert - sogar mit niedrigsten Geboten unter 100 Euro - überraschend oft. Man erfährt allerdings erst kurz vor dem Flug (meist ca. 48 Stunden), ob man bei der "Auktion" erfolgreich gewesen ist.
Wie man sieht, stellt es heutzutage fast schon eine kleine Wissenschaft dar, um einen guten Platz im Flugzeug zu ergattern - wobei die Definition von "gut" unterschiedlich ist. Unsere Tipps und Tricks können hoffentlich helfen, einen möglichst passenden Sitz im Flieger zu bekommen.
Die Informationen in diesem Artikel entsprechen dem Zeitpunkt, als diese online gestellt wurde. Airlines ändern immer wieder ihre Bedinungen und Kosten - eine Garantie für die Aktualität des Inhalts des Berichtes kann also naturgemäß nicht gegeben werden.
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