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Holland America Line: "Wir wissen, was wir gut können"

Erstellt von Martin Metzenbauer.  Veröffentlicht am 15.05.2025

Nico Bleichrodt im ReiseInsider-Gespräch über neue Zielgruppen, ob "Adults Only" ein Thema ist und warum die kleinen, älteren Schiffe weiterhin in der Flotte bleiben.

Nico Bleichrodt, Vice President International Sales & Marketing bei Holland America. © ReiseInsiderDie Holland America Line gibt es seit mehr als 150 Jahren. © ReiseInsiderNicht nur das Grand Dutch Café sorgt für holländischen Charme an Bord. © ReiseInsiderDie Nieuw Statendam zählt zu den größten HAL-Schiffen. © ReiseInsider

Die Holland America Line (HAL) gibt es seit über 150 Jahren. Heute ist sie mit insgesamt elf Kreuzfahrtschiffen – mittlerweile als Teil des Carnival-Konzerns – auf den Weltmeeren unterwegs. Die Marke ist bekannt für ihr internationales Flair und zählt viele Gäste gerade aus dem angloamerikanischen Raum. Doch auch der deutschsprachige Markt spielt eine wichtige Rolle: Hier will man vor allem mit exotischen Reisezielen und Alaska überzeugen.

Im ReiseInsider-Interview spricht Nico Bleichrodt, Vice President International Sales & Marketing bei HAL, nicht nur über alte und neue Zielgruppen, sondern auch über die Markenidentität des Unternehmens – und verrät, was es mit einem vergessenen orangefarbenen Hemd auf sich hat.

ReiseInsider: Was sind die wichtigsten Alleinstellungsmerkmale von Holland America Line im Vergleich zu anderen, ähnlichen Reedereien?

Nico Bleichrodt: Ich denke, wir haben vier zentrale Pfeiler unserer Marke. Der erste – und vielleicht wichtigste – ist das Reiseziel. Wir können uns mit Recht als Destinationsexperten bezeichnen. Unsere Flotte besteht aus 11 perfekt dimensionierten Schiffen, die jeweils zwischen 1.400 und 2.600 Gäste beherbergen. Dadurch können wir Häfen anlaufen, die für größere Schiffe unzugänglich sind.

Was ich persönlich besonders schätze, ist, dass wir oft längere Liegezeiten in den Häfen bieten. So haben unsere Gäste mehr Zeit, das Reiseziel wirklich zu erleben. Es sind keine kurzen, stressigen Stopps, bei denen man sich beeilen muss. Stattdessen geben wir den Menschen Zeit zum Entdecken.

Wir besuchen über 400 Häfen in 114 Ländern und befahren alle Weltmeere. Das war der ursprüngliche Gedanke hinter Kreuzfahrten – Menschen zu Reisezielen zu bringen und ihnen die Möglichkeit zu geben, neue Orte kennenzulernen. In diesem Sinne kann man uns als Pioniere der Kreuzfahrt bezeichnen. Wir haben kürzlich unser 150-jähriges Bestehen gefeiert. Natürlich haben sich unsere Schiffe und das Bord-Erlebnis mit der Zeit weiterentwickelt, aber wir bieten noch immer dieselben Werte und denselben Geist wie vor Jahrzehnten – nur in moderner Form.

Der zweite Pfeiler ist unser exzellenter Service. Durch unsere lange Geschichte haben wir an Bord einen Hauch europäischer Eleganz etabliert. Viele unserer Servicekräfte stammen von den Philippinen und aus Indonesien und sie bieten zusammen mit ihren Kollegen und Kolleginnen aus der ganzen Welt konstant herausragenden Service. Auch der Platz an Bord ist großzügig bemessen – unsere Kabinen sind groß und das Verhältnis von Personal zu Gästen ist hervorragend: ein Crewmitglied für zwei Gäste.

Der dritte Pfeiler ist das Bord-Erlebnis, insbesondere mit Fokus auf Musik. Wir bringen verschiedene Bands an Bord und kooperieren mit großen Namen wie Billboard, Rolling Stone und dem B.B. King’s Blues Club. Unsere Hauptbühne, die World Stage, beeindruckt mit einem 280-Grad-LED-Bildschirm – ein einzigartiges, immersives Erlebnis, das uns deutlich von anderen unterscheidet.

Und natürlich darf das kulinarische Erlebnis nicht fehlen – es ist unser vierter Pfeiler. Ein herausragendes Merkmal ist, dass wir frischen Fisch an Bord bringen – innerhalb von 48 Stunden nach dem Fang. Das ist Teil unseres Qualitäts- und Frischeversprechens.

Viele Reedereien sprechen über ähnliche Dinge – Ziele, Erlebnis, Service. Aber wir bei Holland America Line liefern den Beweis für unsere Aussagen. Wir behaupten nicht, in allem die Besten zu sein – aber wir wissen, was wir gut können. Und wir verbessern kontinuierlich, wie wir diese Geschichte erzählen.

Ein weiteres wichtiges Element ist unser Erbe. Obwohl wir ein amerikanisches Unternehmen sind, fahren wir stolz unter niederländischer Flagge und pflegen unsere niederländische Identität. An Bord haben wir viele niederländische Offiziere und Hotelmitarbeiter. Kultur und Tradition sind unseren Gästen wichtig – und wir stärken genau diesen Aspekt.

Ein Beispiel ist das Grand Dutch Café – ein echter Gästeliebling. In einer großen Umfrage in den USA kam heraus, dass unsere Gäste kulturelle Besonderheiten sehr schätzen. Dort gibt es unter anderem Bitterballenund Stroopwafels – und es wird noch mehr geben. Ich habe mit unserem Vice President of Food and Beverage, Michael Stendebach, gesprochen. Er plant, künftig auch holländischen Aal (Paling) und Hering an Bord zu bringen.

Einmal pro Kreuzfahrt feiern wir auch einen „Dutch Day“, an dem wir niederländische Spezialitäten und Snacks wie Erbsensuppe oder Bitterballen anbieten. Das Dinner im Main Dining Room hat an diesem Tag ebenfalls holländische Elemente, und der Höhepunkt des Tages ist dann die „Orange Party“ – wo von Cocktails bis zu Accessoires alles in Orange gehalten ist. Viele Gäste lieben das – denn keine andere Reederei bietet so etwas. Wenn man sich in Foren umsieht, wird genau über diese kulturellen Besonderheiten gesprochen.

Lustigerweise vergesse ich manchmal mein oranges Hemd – und dann sehe ich all die Nordamerikaner in Orange gekleidet und denke: „Ach ja, ich sollte ja auch Orange tragen!“ Genau solche Details schaffen bei unseren Gästen bleibende Erinnerungen.

Holland America Line galt früher als eher erwachsenenorientierte Kreuzfahrtlinie. Doch nach dem, was ich an Bord gesehen und in Foren gelesen habe, scheint sich das zu ändern – es gibt mehr Angebote für Familien und Kinder. Können Sie dazu etwas sagen?

Ja, auf jeden Fall. Unser Produkt spricht ein breiteres Publikum an. Natürlich hängt das auch von der Dauer und Art der Reise ab. Auf unseren 7-Tage-Kreuzfahrten sehen wir zum Beispiel ein jüngeres Publikum. Auf längeren Reisen – bis hin zu Weltreisen – ändert sich das Gästeprofil dann entsprechend.

Unsere Kernzielgruppe ist im Allgemeinen 45 Jahre und älter. Innerhalb dieser Gruppe gibt es verschiedene Segmente. Wir haben zum Beispiel die „Unwinding Silvers“ – Gäste in den 70ern, die gerne lange reisen. Und wir sehen auch zunehmend „Empty Nesters“ – also Paare, deren Kinder aus dem Haus sind und die nun wieder zu zweit reisen. Auch Mehrgenerationenreisen werden immer beliebter – Großeltern, die mit Kindern und Enkeln reisen.

Das Publikum variiert zudem je nach Region. Auf 7-Tage-Reisen in Nordeuropa oder im Mittelmeer ist das Publikum etwas jünger als auf längeren Reisen in Südamerika, Asien oder auf unseren legendären Reisen von 25 bis 56 Tagen.

Unsere Kommunikation richtet sich generell an Gäste ab 45 Jahren, das Durchschnittsalter liegt derzeit bei etwa 55. Wir richten uns nicht explizit an Familien mit Kindern – aber sie sind herzlich willkommen. Es gibt ein Kinderprogramm an Bord, es gibt Pools – aber keine Rutschen oder Groß-Attraktionen wie bei manchen anderen Reedereien.

Während der Schulferien – im Frühling, Herbst und vor allem im Sommer – sehen wir mehr Familien an Bord. Auch wenn wir nicht gezielt auf diese Zeiten abzielen, reisen viele Familien dann mit uns – und wir heißen sie gerne willkommen.

Adults-only-Kreuzfahrten – etwa von Virgin Voyages oder kürzlich auch TUI Cruises getestet – gewinnen an Popularität. Wäre das ein Konzept für Holland America Line?

Das ist definitiv ein Nischenmarkt, aber aktuell kein Thema für uns. Wir setzen stattdessen auf Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Gästetypen, die wir bereits an Bord haben. Ein Beispiel: In unserem Tagesprogramm gibt es spezielle Veranstaltungen für Alleinreisende. Wir fördern gezielt Austausch und Gemeinschaft, statt unser Publikum strikt zu segmentieren.

Deshalb planen wir aktuell keine Adults-only-Kreuzfahrten – aber wir bieten ein Programm, das verschiedene Gästetypen miteinander verbindet und eine offene Atmosphäre schafft.

Musik spielt eine große Rolle bei Holland America Line. Es gab aber auch Veränderungen, die nicht bei allen gut ankamen – zum Beispiel wurde von zwei auf ein Piano im Billboard reduziert und die Zusammenarbeit mit dem Lincoln Center beendet. Können Sie dazu etwas sagen?

Ja, da gab es Änderungen. Aber klassische Musik kehrt nun zurück an Bord. Früher hatten wir zum Beispiel Streichertrios – und die kommen wieder. Wir bieten jetzt klassische Musik in einem neuen Format an.

Diese Entscheidungen basieren auf dem Feedback unserer Gäste – wir haben umfangreiche Umfragen durchgeführt. Ich kann noch nicht alles verraten, aber gerade im Musik- und Unterhaltungsbereich wird sich in den nächsten sechs bis zwölf Monaten einiges tun.

Wir überarbeiten unser gesamtes Entertainment-Konzept. Wir erweitern sowohl das Musikangebot als auch die Shows in unseren Lounges. Es wird also keineswegs reduziert – im Gegenteil: Das Angebot wird flexibler, vielseitiger und sichtbarer auf dem gesamten Schiff.

Kommen wir zur Flotte: Neue Schiffe stehen derzeit nicht an, aber Sie betreiben zwei ältere Schiffe – Volendam und Zaandam, beide über 25 Jahre alt und mit rund 60.000 BRZ relativ klein. Haben diese Schiffe noch eine Zukunft in Ihrer Flotte?

Ja, vor allem für längere Reisen spielen diese Schiffe eine wichtige Rolle. Wie lange sie noch in der Flotte bleiben, liegt letztlich bei unserem Mutterkonzern Carnival Corporation. Aber im Moment sind unsere Schiffe sehr gut gebucht – wir brauchen jedes einzelne.

Ein Abzug ist derzeit nicht geplant. Diese Schiffe erfüllen einen klaren Zweck: Die Volendam war kürzlich auf der Pole-to-Pole-Grand-Voyage unterwegs, die Zaandam auf der Weltreise. Dank ihrer Größe können diese Schiffe kleinere Häfen anlaufen, die für größere nicht erreichbar sind. Und sie bedienen ein treues, klassisch orientiertes Publikum.

Die meisten Ihrer Gäste kommen offenbar aus englischsprachigen Ländern. Wie wichtig ist der deutschsprachige Markt für Holland America Line?

Der deutschsprachige Markt ist für uns sehr wichtig. Unsere Mission hier ist es, herauszufinden, was der deutsche Kunde sucht und uns darauf zu fokussieren. Wir wissen, dass wir in bestimmten Produkten besonders stark sind – zum Beispiel Alaska mit sechs Schiffen, aber auch in exotischen Zielen.

Wir konzentrieren uns also auf Ziele, in denen wir besonders gut sind, und wir sehen, dass der deutschsprachige Markt besonders gut reagiert. Neben Alaska sind die Südamerika, Asien und der Südpazifik.

Ich habe kürzlich mit jemandem über den Vergleich zwischen dem deutschen und dem britischen Markt gesprochen. Beide haben etwa 2,5 bis 2,7 Millionen Kreuzfahrtgäste pro Jahr. In Alaska kommen aus Großbritannien rund 33.000 Gäste – aus Deutschland nur etwa 5.000. Da ist also viel Luft nach oben.

Ich sage nicht, dass wir auf 30.000 Gäste kommen werden, aber es gibt enormes Potenzial. Gerade weil Deutschland, Österreich und die Schweiz sehr naturaffine Märkte sind – und Alaska ist ein echtes Naturreiseziel.

Deshalb ist es unser Ziel, in der deutschsprachigen Region Marktführer für Alaska-Reisen zu werden. Das ist eine wichtige Mission für das kommende Jahr – Alaska stärker zu promoten, aber auch unsere exotischen Ziele. Denn genau da unterscheiden wir uns von anderen Reedereien.

Wir sind Experten in diesen Regionen – und das ist die Geschichte, die wir erzählen wollen. Wir bieten ein hochwertiges Produkt – und das schätzen unsere Gäste besonders für die Reiseziele abseits der Standards.

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