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Plovdiv: Europas unbekannte Kulturhauptstadt im Portrait

Erstellt von Martin Dichler.  Veröffentlicht am 22.11.2025

Die zweitgrößte bulgarische Stadt gilt (noch) als touristischer Geheimtipp.

Das Dimitar Georgiadi Haus. © Martin DichlerDas Stadttor Hisar Kapia. © Martin DichlerBunte Herrenhäuser an allen Ecken und Enden der Stadt. © Martin DichlerWie Rom wurde auch Plovdiv auf sieben Hügeln erbaut. © Martin DichlerDas Ethnografische Museum. © Martin DichlerAlt und neu in Plovdiv. © Martin DichlerNicht ohne Grund wurde Plovdiv zur Kulturhauptstadt 2019 ernannt. © Martin DichlerMitten in der Fußgängerzone: Die Djumaya Moschee und das römische Stadion. © Martin DichlerEiner der sieben Hügel: Nepet Tepe. © Martin DichlerDas Theater von Philippopolis. © Martin DichlerDer Flughafenchef von Bratislava setzt große Hoffnungen in die neue Verbindung. © Martin Dichler

Mit der Ernennung von Plovdiv zur EU-Kulturhauptstadt Europas im Jahr 2019 erhoffte sich die zweitgrößte Stadt Bulgariens einen höheren Bekanntheitsgrad. Doch auch sechs Jahre danach ist die Stadt trotz ihrer mehrere tausend Jahre alten Geschichte touristisch weitgehend Neuland. ReiseInsider hat sich ein Bild von Plovdivs Altstadt gemacht - und war positiv überrascht.

Wer sich auf die Suche nach Reiseberichten über Plovdiv macht, stößt immer wieder auf begeisterte Schilderungen: "Plovdiv war unser absolutes Highlight auf unserer Bulgarienreise" oder "In der zweitgrößten Stadt Bulgariens lässt sich europäische Geschichte hautnah erleben".

Doch wo liegt eigentlich dieses Plovdiv, das vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2019 zur EU-Kulturhauptstadt gekürt wurde - und warum ist die Stadt immer noch ein weißer Fleck auf der touristischen Landkarte?

Plovdivs Lage, Erreichbarkeit und neue Flugverbindungen

Die Stadt mit ihren rund 350.000 Einwohnern liegt rund 130 Kilometer südlich der Hauptstadt Sofia und war für individuell Reisende bislang eher schlecht erreichbar. Die meisten Besucher reisten bisher über den Flughafen Sofia an oder nutzten die wenig attraktiven Bus- bzw. Bahnverbindungen zwischen den beiden Städten. Mit dem Leihwagen dauert die Fahrt ab Sofia rund 90 Minuten. Für Kurzbesuche fehlten daher bislang oft die Anreize.

Seit kurzem bietet sich jedoch eine neue Möglichkeit an, die nicht nur bequem und einfach ist, sondern dank niedriger Kosten auch neue Besuchergruppen ansprechen könnte. Die ungarische Billigfluglinie Wizz Air bietet nämlich seit dem 15. November 2025 einen Direktflug ab dem Flughafen Bratislava in die zweitgrößte Stadt Bulgariens an.

Dreimal wöchentlich hebt ein Airbus A321 vom nur rund 70 Kilometer von Wien entfernten Flughafen nach Plovdiv ab und erleichtert damit die Anreise erheblich. Kein Wunder, dass man sich sowohl in Plovdiv als auch in Bratislava große Hoffnungen auf einen touristischen Aufschwung zwischen beiden Ländern macht. Für den Bratislavaer Flughafendirektor Dusan Novota bietet die Verbindung "leichtere Reisemöglichkeiten für Menschen, die in der Region leben, sowie eine hervorragende Option für einen Städtetrip".

Historische Schätze und kulturelle Höhepunkte Plovdivs

Geschichte wohin man blickt: Mit einer mehr als sechstausendjährigen Geschichte ist Plovdiv älter als Rom, Athen oder Karthago. Die Stadt wurde - wie die italienische Hauptstadt - auf sieben Hügeln erbaut, wobei die Altstadt drei davon umfasst. Von dort hat man einen ausgezeichneten Blick auf das bergige Umland. Nicht ohne Grund wird Plovdiv auch als "Tor zu Bulgariens Skizentren" bezeichnet.

Plovdiv bemüht sich intensiv, seine touristischen Sehenswürdigkeiten zu pflegen und stetig zu erweitern. Allein im vergangenen Jahr wurden drei weitere archäologische Ausgrabungen für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Bemühungen der Stadt wurden mit dem bulgarischen Tourismuspreis "Destination des Jahres" ausgezeichnet.

Ein Rundgang durch die Altstadt ist wie eine Reise in eine andere Zeit. Bereits 1954 wurde sie mit mehr als 200 historischen Gebäuden unter Denkmalschutz gestellt - eine beachtliche Ausnahme für eine Stadt, die damals quasi unter sowjetischer Kontrolle stand. Die farbenfrohen Fassaden der gut erhaltenen Altstadthäuser sind heute das unbestrittene Highlight Plovdivs.

Architektur, Altstadtflair und Aussichtspunkte

Während des 18. und 19. Jahrhunderts erlebte Plovdiv seine Hochblüte als Handelsstadt. Noch heute zeugen reich verzierte Häuser mit Erkern und Vorsprüngen vom damaligen Wohlstand. Besonders eindrucksvoll ist das Ethnografische Museum, das 1847 errichtet wurde und zu den meistfotografierten Gebäuden der Stadt gehört. Das frühere Haus des Kaufmanns Argir Kuyumdzhioglu verfügt über einen kleinen Garten mit Sitzbänken, die zum Verweilen einladen.

Die Wege durch die Altstadt sind mit großen Steinen gepflastert - gutes Schuhwerk ist daher empfehlenswert. Wer den leichten Anstieg zum Hügel Nebet Tepe wagt, wird mit einem grandiosen Ausblick belohnt und kann eine weitere archäologische Ausgrabungsstätte bewundern. Die frühesten Siedlungen auf dem Nebet Tepe stammen aus dem Jahr 4000 v. Chr.

An Schönwettertagen tummeln sich Touristen und Einheimische auf den Resten der antiken Stadt und genießen die Aussicht auf Plovdiv und die umliegenden Berge.

Authentisches Flair und autofreie Altstadt

Die Altstadt versprüht bis heute viel Authentizität. Besonders positiv fällt auf, dass fast der gesamte Autoverkehr verbannt wurde - ein begrüßenswerter Schritt, den im Balkanraum nur wenige Städte gehen. So bleibt der Blick auf Häuser, Plätze, Kirchen und Moscheen ungestört.

Das touristische Geschäft steht hier noch am Anfang. Kleine Boutique-Hotels, Cafés und Läden verleihen viel Charme, während massiver touristischer Kommerz noch nicht eingezogen ist. Ein zentrales Highlight ist das mittelalterliche Hisar-Kapia-Tor, einer von drei historischen Stadtzugängen aus dem 11. Jahrhundert.

Direkt daneben befindet sich das unübersehbare Dimitar-Georgiadi-Haus, in dem heute das Historische Museum untergebracht ist. Wer sich Zeit nimmt und den verwinkelten Gassen folgt, wird auf zahlreiche weitere historische Gebäude stoßen und den versteckten Charme Plovdivs entdecken.

Römische Ausgrabungen und archäologische Highlights

Plovdiv ist außerdem für seine Vielzahl gut erhaltener römischer Ausgrabungen bekannt - darunter das Theater von Philippopolis, ein prachtvoller Bau der Antike. Rund 7.000 Besucher fanden Platz auf den marmornenen Stufen. Auch heute finden im Sommer Konzerte und Theateraufführungen statt.

Entdeckt wurde das Theater erst in den 1960er-Jahren, als nach einem Erdrutsch Teile der Anlage freigelegt wurden. In mühevoller Arbeit entfernten Mitarbeiter des Archäologischen Museums große Mengen Erdreich - ein neues Wahrzeichen der Stadt kam zum Vorschein.

Wer durch die Fußgängerzone nahe der Djumaya-Moschee spaziert, stößt unweigerlich auf das römische Stadion, das im 2. Jahrhundert n. Chr. erbaut wurde und bis zu 30.000 Zuschauern Platz bot. Heute können Besucher die nördliche Kurve mit 13 Sitzreihen, den Eingang und Teile der Laufbahn besuchen. Sichtbar sind außerdem Abschnitte der Stadtmauer von 172 n. Chr. sowie Fundamente des damaligen römischen Aquädukts von Philippopolis.

Fazit: Plovdiv verdient mehr Aufmerksamkeit

Mein Resümee nach einem Besuch der Altstadt von Plovdiv kann die eingangs erwähnten begeisterten Schilderungen nur bestätigen. Die britische Tageszeitung The Telegraph fasste es treffend zusammen: "European city you never thought to visit - but probably should".

Vielleicht können - am Beispiel Plovdiv - sogar die oft kritisierten Billigfluglinien dazu beitragen, dass diese Stadt endlich den Stellenwert auf der touristischen Landkarte erhält, der ihr zusteht.

Informationen zu Plovdiv

Touristeninformation: www.visitplovdiv.com

Anreise:

Ab sofort dreimal wöchentlich (Di/Do/Sa) nonstop mit Wizzair (www.wizzair.com)ab dem Flughafen Bratislava (www.bts.aero) oder mit Austrian Airlines (www.austrian.com) oder Ryanair (www.ryanair.com) ab Wien über Sofia (sofia-airport.eu) mehrmals täglich.

Busverbindungen ab Sofia findet man hier: www.centralnaavtogara.bg, Züge hier:www.bdz.bg.

Übernachtung:

Plovdiv verfügt über eine Vielzahl an Übernachtungsmöglichkeiten vom einfachen Hostel bis hin zum Fünf-Sterne Luxushotel. Sehr beliebt sind kleine Boutique Hotels in der Altstadt von Plovdiv. Das Gallery37 Powerded by Aston (hotelgallery37.com) beispielsweise ist ein Hotel dieser Art mit nur 11 Zimmern, luxuriöser Einrichtung und Zimmern, die mit Originalkunstwerken eingerichtet sind. Das 120 Jahre alte und neu renovierte Gebäude samt kleinem Innenhof liegt nur wenige Schritte von den Sehenswürdigkeiten der Altstadt entfernt.

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