Wer an eine Reise ins rumänische Transsilvanien (Siebenbürgen) denkt, dem kommen wahrscheinlich die Schauergeschichten rund um Graf Dracula in den Sinn. Doch die Region hat viel mehr zu bieten als den berühmten Blutsauger, den der irische Schriftsteller Bran Stocker als Romanfigur im Jahr 1897 erfand.
Es gibt Sie noch, die vom Massentourismus verschonten Flecken in Europa, die einerseits nur darauf warten entdeckt zu werden und anderseits dem Besucher für sein Geld noch einiges bieten. Rumänien zählt definitiv zu jenen Urlaubsländern. ReiseInsider hat sich nach Siebenbürgen begeben, um für die Leserinnen und Leser die berühmtesten Sehenswürdigkeiten Transsilvaniens zu erkunden.
Hunedoara - die Märchenburg
Ganz im Westen Siebenbürgens rund 130 Kilometer von Hermannstadt (Sibiu) entfernt, liegt die verschlafene Stadt Hunedoara (Eisenmarkt), die durch ihre großen Erzvorkommen einst riesige Industrieanlagen für bis zu 20.000 Stahlarbeiter beheimatete. Zahlreiche verfallene Schlote und Werkruinen zieren auch heute noch die Skyline der Stadt, deren große Geschichte schon lange zurückliegt. Was aber Hunedoara nach dem Niedergang der Stahlindustrie geblieben ist, ist eine der romantischten gotischen Burgen Mitteleuropas. Die Geschichte von Burg Corvin geht auf das Jahr 1453 zurück, als Matthias Corvinus, der spätere König von Ungarn, den Grundstein für diese faszinierende "Märchenburg" legte.
Auch heute noch wird die Burganlage als die "lebende Legende Transsilvaniens" bezeichnet, in der einst Graf Vlad gefangen gehalten wurde, der später zur Inspiration für die Geschichten rund um Graf Dracula wurde. Der Blick auf die größte gotische Burganlage (www.castelulcorvinilor.ro) Transsilvaniens, die hoch über der Stadt auf einen Kalkfelsen thront und bereits Kulisse für zahlreiche internationale Filmproduktionen war, ist tatsächlich einzigartig.
Wer von der Außenansicht der Burg begeistert ist, wird beim Besuch im Inneren zunächst etwas enttäuscht sein. Zwar verfügt Burg Corvin über zahlreiche Ausstellungsräume und verspielte Plätze, die es zu erkunden gibt, doch die Inneneinrichtung kann nicht mit der märchenhaften Gesamtansicht der Anlage Schritt halten. Trotzdem: Burg Corvin hat alles um ein zukünftiger Tourismusmagnet zu werden, denn bislang bekommt man oftmals den Eindruck, dass dieses Baujuwel außerhalb der rumänischen Landesgrenzen nur wenig bekannt ist und die touristische Infrastruktur gerade erst im Aufbau begriffen ist.
Das Städtchen Hunedoara selbst wirkt verschlafen, nur wenige - dafür umso großartigere - Restaurants wie das Curtea Veche (www.curteavechehunedoara.ro/restaurant), bei dem man unbedingt das rumänische Nationaldessert Papanasi probieren sollte, erwarten die wenigen ausländischen Gäste. Wundern Sie sich bitte nicht, wenn oftmals kaum englische Webseiten von Sehenswürdigkeiten, Restaurants oder Hotels zur Verfügung stehen - die Mitarbeiter der genannten Einrichtungen beherrschen jedoch die englische Sprache und freuen sich, helfen zu können!
Was die Hotelerie in Hunedoara betrifft, so hat sich ein lokaler rumänischer Geschäftsmann die einzigartige Lage der gotischen Burg Corvin zu Nutze gemacht und im Jahr 2017 direkt gegenüber der Burganlage das moderne Werk-Hotel (hotelwerk.ro), ein Vier-Sterne-Haus mit einem ausgezeichneten Spa und Restaurantbetrieb errichtet. Das einzigartige daran: Von jedem seiner 30 Zimmer aus hat der Gast einen spektakulären Blick auf die Burganlage.
Mein persönlicher Tipp: Buchen Sie dieses Hotel, denn die Kombination aus Spitzen-Gastronomie mit einem Besuch im Spa-Bereich und dem grandiosen Blick auf die Burganlage macht den Besuch von Hunedoara erst perfekt!
Sighisoara – Wo das Mittelalter weiterlebt
Wer mittelalterliche Städte liebt, ist in Sighisoara bestens aufgehoben. Das historische Zentrum von Schäßburg, wie die Stadt im Deutschen genannt wird, wurde im Jahr 1999 zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Und dies natürlich nicht ohne Grund: Das Stadtzentrum von Sighisoara, das aus sieben Wehrtürmen und rund 150 Gebäuden besteht, zählt heute noch zu den besten erhaltenen mittelalterlichen Städten Europas. Bis in die 1930er Jahre war Schäßburg hauptsächlich von den Siebenbürger Sachsen bevölkert, die heute nur noch einen geringen Anteil der Einwohner stellen. Der berühmteste Einwohner der Stadt war natürlich Graf Vlad III. Sein Geburtshaus, klare Beweise dafür gibt es bis heute nicht, liegt im Stadtkern in der Nähe des Zitadellenplatzes.
Der 64 Meter hohe Stundturm ist Teil einer Verteidigungsanlage aus dem 14.Jahrhundert und das Wahrzeichen Sighisoaras. Wer möchte, kann den Turm erklimmen und dabei aus unmittelbarer Nähe einen Blick auf das weit sichtbare Uhrwerk und sein Glockenspiel aus Holz werfen. Das mittelalterliche Flair der Stadt mit seinen zahleichen kleinen Gassen, die zum großen Teil noch aus Natursteinen bestehen (gutes Schuhwerk ist empfehlenswert), und seinen historischen Gebäuden versetzt den Besucher in eine andere Epoche, weshalb die Stadt zweifelsohne zu den sehenswertesten Sehenswürdigkeiten Transsylvaniens zählt.
Schloss Peles - im mondänsten Wintersportort des Landes
Als am 4.?Oktober 1883 der Orient Express zu seiner Jungfernfahrt von Paris in Richtung Konstantinopel (Istanbul) aufbrach, wurde der Zug am Bahnhof von Sinaia vom damaligen rumänischen König Carol I. außerplanmäßig angehalten. Die Gäste des Orient Expresses wurden (mehr oder weniger freiwillig) zum Besuch des im gleichen Jahr eröffneten Schlosses gebeten. George Nagelmackers, der belgische Unternehmer und Erfinder des Orient Express, hatte zunächst genauso wie seine Gäste nur wenig Freude über diese Einladung aufgrund der bereits bestehenden Verspätung seiner Jungfernfahrt, doch dem Wunsch des rumänischen Königs musste man nachkommen, wollte man sich dessen Unterstützung für das Projekt weiter sichern.
Als man dann die vom Wiener Architekten Carl Wilhelm Ritter von Doderer errichtete Sommerresidenz besuchte, waren die Gäste damals - wie heute - über die Architektur des mit 160 Räumen und 30 Badezimmern ausgestatteten Schlosses begeistert. Der dunkle Fachwerksbau, der ein bisschen an die Architektur der Prachtbauten des Semmering erinnert, war seiner Zeit weit voraus, denn er war vollständig elektrifiziert, verfügte über eine Zentralheizung und fließendes Wasser. Geld spielte bei der Errichtung des Schlosses sichtlich keine Rolle.
König Carol I. war als Sammler von Kunstwerken und Waffen bekannt weshalb seine Schätze auch heute noch stolz den staunenden Besucherinnen und Besuchern präsentiert werden können. Wer Schloss (en.peles.ro) betritt, schreitet zunächst durch eine 16 Meter hohe Ehrenhalle, die mit einzigartigen Holzschnitzereien aus Walnuss verziert ist und den Besucher staunen lässt. Blickt man nach oben, wird man von einer Decke aus Buntglas überrascht. Keine Frage, schon alleine der Besuch des Schloss Peles ist Grund genug für einen Besuch Transsylvaniens.
Das 9.000 Einwohner zählende Ort Sinaia liegt heute inmitten eines modernen Skigebietes der südlichen Karpaten mit zahlreichen Premiumhotels, einem Casino, gepflegten Stadtgärten und vielem mehr. Auf den ersten Blick hat Sinaia so rein gar nichts mit dem Rest Siebenbürgens zu tun, sondern erinnert eher an mondäne Wintersportorte wie Kitzbühel oder Lake Louise.
Neben dem bereits erwähnten Besuch des Schlosses Peles in Sinaia, sollte man aber auch dem nur wenige Kilometer entfernte Schloss Cantacuzino einen Besuch abstatten. Das Gebäude, dass an ein italienisches Schloss in der Toskana erinnert, wurde durch die US-Netflix Serie Wednesday (www.netflix.com/at/title/81231974) international bekannt. Aber auch hier scheint es so, als ob man sich noch nicht ganz auf seine internationalen Gäste eingestellt hat, denn geführte Touren durch das Schloss werden nur in rumänischer Sprache angeboten. Ein Besuch zahlt sich trotzdem aus, denn schon alleine das Terrassenkaffee mit Blick auf Schloss Cantacuzino und die umwerfende Bergwelt rundherum machen das sprachliche Manko wieder wett.
Hermannstadt - in der geografischen Mitte Siebenbürgens
Sibiu, wie Hermannstadt (sibiucity.ro/de) im Rumänischen genannt wird, zählt zweifellos zu den schönsten Städten des Landes. Der deutsche Einfluss der Stadt ist ihr bis heute erhalten geblieben. Nicht nur die Architektur erinnert an die früheren deutschsprachige Minderheit Rumäniens, sondern auch Schulen, Restaurants und Büchereien, wie die Buchhandlung Schiller direkt am Hermannstädter Hauptplatz Piata Mare.
Im Jahr 2007 wurde Sibiu zur EU-Kulturhauptstadt erklärt. Ebenfalls nicht ohne Grund, denn Sibiu ist für seine kulturellen Aktivitäten und musikalischen Festivals bekannt. Zahlreiche Museen, darunter das Brukenthal-Kunstmuseum, das bereits im Jahr 1817 als das erste öffentlich zugängliche Museum des Landes geschaffen wurde, laden kunstinteressierte Gäste zum Besuch ein.
Und was wäre Sibiu ohne seine berühmte Lügenbrücke? Die gusseiserne Brücke ist das bekannteste Wahrzeichen der Stadt - wobei sein heutiger Name auf einem Irrtum beruht, denn bei ihrer Errichtung war sie die erste Brücke, die nicht auf Pfeilern stand, weshalb Sie als Liegebrücke bezeichnet wurde. Es kam wie es kommen musste, im Laufe der Zeit erhielt Sie dann den heutigen Namen Lügenbrücke angehängt...
Das schönste an Hermannstadt sind dessen kleine, verwinkelte Gassen, seine restaurierten mittelalterlichen Gebäude und seine historischen Plätze und Kirchen. Um alles erkunden zu können, sollte man sich deshalb ausreichend Zeit für eine geführten Rundgang durch Sibiu nehmen. Kostengünstige Touren werden bereits ab wenigen Euro pro Person über Get-your-Guide (www.getyourguide.de/sibiu-l1833/tagliche-sightseeing-tour-sibiu-t450975) angeboten und sind ihr Geld auf alle Fälle wert.
Wer dem mittelalterlichen Charme von Hermannstadt erlegen ist, dem sei ein Aufenthalt im Boutique-Hotel Magister Seven empfohlen. Schon alleine die zahlreichen positiven Bewertungen für dieses kleine aber feine familiengeführten Haus sollten das Interesse seiner Gäste wecken. Das Magister Seven (magisterseven.com/en) ist ein Ort, dessen Geschichte auf das Jahr 1570 zurückgeht und in dem vor Jahrhunderten das Oberhaupt der Hermannstädter Goldschmiedezunft Thomas Stihn gelebt hat und später zum Sitz des Bürgermeisters der Stadt wurde.
Der Innenhof enthüllt drei Gebäudeteile, die jeweils aus einer anderen Epoche stammen und mit ihren spezifischen architektonischen Elementen versehen sind. Die heutige Hausherren Alexandru und Roxanna haben das Gebäude vor einigen Jahren übernommen und mit viel Liebe zum Detail restauriert und erst 2023 eröffnet. Entstanden ist ein wahres Juwel mit 17 individuell eingerichteten Zimmern mit einer luxuriösen Ausstattung.
Die neuen Eigentümer sind allgegenwärtig und verleihen dem kleinen Hotel durch die persönliche Betreuung ihrer Gäste einen eigenen Charme. Jeden Morgen offeriert Hausherrin Roxanna selbst gemachte Köstlichkeiten zum Frühstück. Der Highlight des Hauses ist jedoch seine Sonnenterrasse mit Blick auf die Unterstadt. Bequeme Sommermöbel laden zum Verweilen ein, wem es danach ist kann sich vom Getränkeschrank zum Unkostenpreis lokale Getränke, Weine und Biere entnehmen und dabei einen umwerfenden Blick auf Sibiu werfen.
Bran: Graf Dracula, Fluch und Segen
Beim letzten Punkt unserer Empfehlungen über die Top-5-Sehenswürdigkeiten von Transsilvanien sind wir selbst zweigeteilter Meinung. Mit der Veröffentlichung des Buches Graf Dracula machte der berühmte Schriftsteller Bran Stocker dem rumänischen Tourismus unbewusst ein lebenslanges Geschenk. Kaum ein Ort in Siebenbürgen, in dem nicht an die Geschichte des ehemaligen Regenten Vlad III., der als brutaler, tyrannischer Herrscher, als auch als für seine Vorliebe für Pfählungen bekannt wurde, touristisch ausgeschlachtet wird.
Das beste Beispiel dafür ist Schloss Bran (bran-castle.com), das hinlänglich als das "Dracula-Schloss" schlechthin bezeichnet wird und einen entsprechenden Besucheransturm erlebt. Wo in Transsylvanien vielleicht vieles touristisch noch zu wenig kommerziell vermarktet wird, hat man sich in Bran an westeuropäische Standards angepasst. Sowohl preislich als auch in der Menge der rund einen Million Besucher jährlich.
Die Törzburg, wie Schloss Bran im Deutschen genannt wird, thront auf einem 60 Meter hohen Felsen hoch über Bran und wurde erstmals im Jahr 1377 erwähnt. Das sogenannte Gruselschloss hat aber unserer Meinung nach nichts Gruseliges an sich, außer vielleicht die Warteschlangen am Eingang zur Burg. Die bekannteste Burg Siebenbürgens hat mit seinen Türmchen, seinen überschaubaren Ausmaßen, gewundenen Treppen und 57 kleinen Fachwerkraumen mit geheimen Gängen, sogar etwas Märchenhaftes an sich, wären da nicht die Menschenmassen. Wer sich also wirklich einen Besuch antun möchte, dem sei zumindest ein Besuch gleich morgens, während der Woche und außerhalb der Hochsaison empfohlen.
Resümee
Wer nach Transsylvanien reisen möchte, sollte sich Zeit für die zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Region nehmen, denn neben den erwähnten Sehenswürdigkeiten sind Orte wie die berühmte Turda-Salzmine, die Kirchenburg Bierthan, Städte wie Cluj, Temesvar, Brasov oder Alba Iulia immer einen Besuch wert. Gerade in den ländlichen Gebieten sieht Siebenbürgen teilweise noch aus wie vor einhundert Jahren. Wundern Sie sich also nicht, wenn ihnen Pferdefuhrwerke auf den Straßen begegnen und vieles der dörflichen Infrastruktur marod ist.
Andererseits wird in Rumänien dank EU-Hilfe viel investiert. Die Einwohner Siebenbürgens sind freundlich, beherrschen zum großen Teil die englische Sprache und gerade in Siebenbürgens Städten kommt man vielfach auch mit der deutschen Sprache sehr gut weiter. Deshalb keine Angst, Transsylvanien hat noch viel Potential, das es zu erkunden gilt!
Anreise
Flüge
Sowohl Austrian Airlines (www.austrian.com) als auch Wizzair (www.wizzair.com) verkehren zu verschiedenen rumänischen Städten. Der kürzeste Weg nach Siebenbürgen ist der Austrian Airlines Direktflug von Wien nach Sibiu (Hermannstadt), der täglich durchgeführt wird. Als weitere kostengünstige Alternative bietet Wizz Air Flüge von Wien nach Cluj an, die dreimal wöchentlich durchgeführt werden. Neu ab August 2025 steuert der ungarische Low Cost Carrier ebenfalls Flüge nach Sibiu an - ReiseInsider berichtete.
Kombination Flug/Bahn
Als weitere Alternative zu den Flügen bietet sich auch eine Anreise über den Flughafen Bukarest an. Ab dem Bahnhof Bukarest Nord verkehren mehrmals täglich moderne Züge in Richtung Norden und stoppen dabei in Sinaia, Brasov und Sibiu ( https://bilete.cfrcalatori.ro/en-GB/Train-itineraries/Bucuresti-Nord/Sinaia-Sud-hc)
Mit dem Pkw
Ein Auto (Eigenanreise oder Mietwagen) ist auf alle Fälle notwendig, denn die meisten der genannten Orte sind nur mit dem Pkw erreichbar. Ab Wien sind es nur 550 Kilometer auf gut ausgebauten Autobahnen via Budapest bis zur rumänischen Grenze nahe der Grenzstadt Arad. Von Arad bis nach Sibiu oder Brasov sind es dann noch weitere 2 bis 3 Stunden Fahrzeit, wobei man gerade auf Bundesstraßen mehr Fahrzeit als in Österreich einplanen muss!
Hinweis: Rumänien ist seit 1. Jänner 2025 auch am Landweg Teil des Schengen-Raums, was die Anreise per Pkw deutlich erleichtern dürfte.
Weitere Informationen zu Rumänien bieten die Webseiten www.romaniatourism.com oder www.rumaenien-tourismus.de.
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