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Albanien: Die unentdeckte Perle der Adria

Erstellt von Martin Dichler.  Veröffentlicht am 20.06.2022

In den letzten Jahren hat sich Albanien einen Namen als interessante Mittelmeerdestination gemacht - trotzdem gilt das Land noch immer als Geheimtipp unter einigen wenigen österreichischen Reiseprofis. Martin Dichler hat sich für ReiseInsider in den Norden Albaniens aufgemacht, um mehr über die Vorzüge des unbekannten Land zu erfahren.

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Hunderte Kilometer unberührter Strände, traumhafte Berge, antike Stätten und fantastische Burgen lockten zuletzt mehr als 2,6 Millionen Touristen ins Land. Albanien hat alles was man für einen entspannten Urlaub benötigt und doch ist das Land, dessen Hauptstadt Tirana gerade einmal 1.100 Kilometer von Wien entfernt ist, für viele österreichische Urlauber bislang immer noch ein unbekanntes Terrain. Während viele Reisedestinationen im vergangenen Jahr noch mit den Folgen der Pandemie zu kämpfen hatten, hat Albanien die Chance bereits genutzt und dank vereinfachter Einreiseregelungen rasch an seinen Vor-Covid Tourismusboom angeknüpft.

Boomtown – Tirana
Albanien ist im Wandel und diesen Wandel kann man am besten in der Hauptstadt Tirana beobachten, wo ein unvorstellbarer Bauboom das Bild der Stadt innerhalb kürzester Zeit verändert hat. In der 420.000 Einwohner zählenden Stadt wird rund um die Uhr an neuen Hotels, Apartmenthäusern und dem Ausbau der bestehenden Infrastruktur gearbeitet. Ein Vergleich mit der rapiden Entwicklung von Dubai vor 25 Jahren ist daher durchaus angebracht. Nicht nur in der Stadt wird gebaut, sondern auch am internationalen Flughafen. Eine Terminalerweiterung soll helfen, den Besucheransturm - in den ersten vier Monaten des heurigen Jahres kamen um 41 Prozent mehr Besucher ins Land als noch im Jahr davor - zu bewältigen.

Es besteht Aufholbedarf, denn zu lange hatte das Land unter der Diktatur des berüchtigten Machthabers Enver Hoxha gelitten, der den Balkanstaat während seiner vier Jahrzehnte langen Herrschaft in die Steinzeit zurückkatapultiert hatte. Als ewiges Mahnmal an die schreckliche Geschichte stehen heute 173.371 Bunker im Land verteilt, die der damalige Diktator während seiner Herrschaft errichten ließ. Einige dieser düsteren Bunkeranlagen (siehe auch www.bunkart.al) kann man heute noch besichtigen - wobei Albaniens Hauptstadt eher mit seinen fein herausgeputzten Boulevards, Restaurants und Straßenkaffees glänzt als mit seinen Andenken an die dunkle Zeit der Geschichte.

Albaniens jugendliche Hauptstadt pulsiert und am zentralen Skanderberg Platz bekommt man einen guten Eindruck von den aktuellen Veränderungen. Wer die hervorragende albanische Küche während eines Aufenthaltes in Tirana testen möchte, dem sei ein Besuch in der von der Familie Zoto geleiteten "Taverna Zoto" in der George W. Bush Road empfohlen. Die leidenschaftliche Jungchefin des Lokals, die lange Zeit auch in Deutschland gekocht hat, betreibt heute gemeinsam mit ihrer Mutter das Straßenlokal, dass sich auf albanischen Speisen aus Mutters Küche spezialisiert hat. Nicht ohne Grund wird das Restaurant auf tripadvisor hoch bewertet.

Durres
„Kommen Sie in zwei Jahren wieder, Sie werden die Stadt nicht wiedererkennen“,meint die neugewählte Bürgermeisterin der zweitgrößten albanischen Stadt Durres, als ich zum Bürgermeistertermin geladen bin. Rund 115.000 Menschen leben heute in der Hafenstadt, die mit dem Pkw innerhalb von nur 30 Minuten von Tirana aus erreicht werden kann.

Die Stadt lebt einerseits von ihrem Hafen und der dazugehörigen Industrie, aber auch von ihrer Geschichte und dem daraus resultierenden Tourismus. Das Amphitheater, in dem einst rund 20.000 Menschen Platz gefunden haben, liegt im Zentrum der Stadt und soll schon in Kürze in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen werden, wovon sich die neue Bürgermeisterin Emirana Sako einen weiteren Tourismusaufschwung erwartet. Um das noch immer nicht vollständig freigegrabene antike Amphitheater für die Nachwelt zu erhalten, lässt die Stadt derzeit illegale Gebäude, die am Gelände der historischen Stätte während des Kommunismus errichtet worden sind, entfernen.

Durres ist voll von Geschichte und ein Besuch in der "Villa Austria", einem Wohnhaus das im 19. Jahrhundert als Amtssitz des österreichischen Konsuls Josef Teddeschini diente, veranschaulicht dies besonders gut. Joseph und Alma - die heutigen Nachfahren des Konsuls - bewahren und vermieten die "Villa Austria" als Bed& Breakfast mit ihren historisch eingerichteten Räumlichkeiten an interessierte Reisende aus aller Welt. Wer in diesem Haus nächtigt, wird die Zeit mit dem entzückenden Paar genießen, die dem Besucher bei einem Glas Raki, Kaffee und hausgemachten Kuchen gerne auch einen tiefgründigen Einblick in die Geschichte des ehemaligen österreichischen Konsulats geben.

Ein anderer geschichtsträchtiger Ort von Durres ist das 5-Sterne Hotel "Adriatik" (siehe auch www.adriatikhotel.com). Dieses ehemals staatliche Hotel diente zu kommunistischer Zeit als Unterkunft für ausländische Staatsgäste samt Abhöranlagen in jedem Zimmer. Heute verzaubert nicht nur die Lage des Hotels mit seinem flach abfallenden und besonders familienfreundlichen Strand seine Gäste, sondern auch dessen luxuriöse Einrichtungen. Das im Jahr 2017 renovierte Hotel verwöhnt nicht nur den Geist und die Seele seiner Besucher mit vielfältigen Behandlungen im Queen Teuta Spa, sondern verfügt mit seinem hauseigenen maritimen "Apollonia"  über eines der besten Restaurants der Stadt. Mehr zum "Adriatik" finden Sie in einem eigenen Artikel.

„Das neue Europa“ - Milliardenschweres Hafenprojekt
Während das "Adriatik" ein guter Rückzugsort für stressgeplagte Urlauber ist, könnte es im Norden der Stadt in den nächsten Jahren etwas turbulenter werden. Schon in Kürze wird am Bau eines rund zwei Milliarden US-Dollar teuren Tourismushafens begonnen, der Hotels, einen Jachthafen sowie Platz für Kreuzfahrtschiffe bieten soll. Laut Albaniens Ministerpräsident Edi Rama soll die neue Einrichtung, die heute schon als das "Neue Europa" bezeichnet wird, von der in Dubai ansässigen Emaar-Gruppe errichtet werden und zu einem der größten und schönsten Touristenhäfen im Mittelmeerraum werden.

Hinter dem Geschäft steht die gleiche Gruppe, die auch den Burj Khalifa und die Dubai Mall gebaut hat. Für Emaar-Eigentümer Mohamed Alabbar ist das Projekt ein Investment zur rechten Zeit, wie das Magazin politiko.al vor kurzem geschrieben hat: "Wenn ich sehe, was in Albanien mit der Regierung passiert, sehe ich, wie sehr alle daran arbeiten das Land zu entwickeln, es voranzubringen, und wie ich sagen kann, möchte ich der erste sein der dorthin geht und investiert. Alle Indikatoren stimmen, der Tourismus hat sich verdoppelt und die 450 Kilometer lange Küste mit Blick auf das nahe Griechenland ist fantastisch", so Alabbar im Interview.

Wer dem ganzen Trubel um die zukünftige touristische Entwicklung von Durres aus dem Weg gehen möchte, sollte einen Ausflug in eines der vielen Weingüter des Umlandes machen. Rund 30 Minuten von Durres entfernt bietet das neue Weingut Abaia hervorragende Jungweine der Sorten Kalmet und San Giovese an. Bei einer Weinverkostung inmitten der neu gesetzten Weingärten, erklärt Geschäftsführer Evalt Domi seinen Besuchern gerne den Prozess der Herstellung seiner derzeit jährlich rund 8.000 Flaschen biologischen Weines. Als Kuriosum dürften die Weinkeller und Lagerstädten des edlen Tropfens gewertet werden. Drei ehemalige Bunker mit einer Fläche von je 160qm bieten den idealen Ort zur Reife und Produktion des noch jungen Abaia-Weines.

Berat, die Stadt der tausend Fenster
Wer ab Durres rund zwei Stunden in das südliche Landesinnere fährt, kann einer der interessantesten Städte Albaniens kennenlernen. Berat - die "Stadt der tausend Fenster" - ist nicht nur seit dem Jahr 2008 UNESCO- Weltkulturerbe, sondern beherbergt auch eine der schönsten Burganlangen des Balkans. In der Festung aus dem 14.J ahrhundert mit seinen Burgtoren, 24 Türmen und rund 250 Häusern, leben auch heute noch rund 1.200 Menschen. Wer länger auf der Burg verweilen möchte, dem stehen kleine Hotels und gemütliche Restaurants zur Auswahl, die oft einen unglaublichen Ausblick von der 240 Meter hohen Burg auf das Umland gewähren.

Nachdem während des Kommunismus die Burganlange nicht für Besucher zugänglich gewesen ist, haben nach der Öffnung des Landes inzwischen selbst die ältesten Bewohner von Berat das touristische Potential ihres Wohnortes erkannt. Zahlreiche Hausbesitzer öffnen deshalb gerne ihre Tore und offerieren den Besuchern der Burganlagen ihre privaten Terrassen und Gärten zum Verweilen.  

Eine dieser privat geführten "Hauscafés" ist jenes der inzwischen 81-jährigen Vjoleta. Als Sie mich und meine Reiseteilnehmer sieht, ist die Freude groß als wir in Richtung ihres Hauses schlendern. Jeder der Gäste wird mit einer herzlichen Umarmung begrüßt, die genau jene albanische Gastfreundschaft widerspiegelt, die ich im Rahmen meiner bisherigen Albanienreisen immer wieder erleben durfte.

Trotz Sprachbarriere wird man sofort auf die Hausterrasse eingeladen, wo ungefragt Wasser, türkischer Kaffee, hausgemachter Marmorkuchen und in Zuckersirup eingelegte Früchte aus dem heimischen Garten angeboten werden. Wie mir unser lokaler Guide Mario vom Veranstalter www.adriatiktours.com übersetzt, lebt die Dame seit Jahrzehnten als Witwe hier in der Burganlage. Um sich ihre bescheidene Pension von rund umgerechnet 140 Euro aufzubessern, hat Sie die Türe ihres bescheidenen Heimes für Touristen geöffnet. So wie es aussieht, genießt Vjoleta den Besuch der ausländischen Gäste, die eine Abwechslung zum Leben in der Burganlage bieten.

Würde es nach mir gehen, würde ich der rüstigen Rentnerin einen Orden für ihre Verdienste um den Tourismus Albaniens verleihen, den niemand könnte eindrucksvoller die Gastfreundschaft, Herzlichkeit und Bescheidenheit ihres Landes besser repräsentieren, als Vjoleta. Wer die Ursprünglichkeit dieses Landes noch kennenlernen möchte, sollte sich beeilen: Vielleicht wird man ja die Gegend in ein paar Jahren tatsächlich wirklich nicht wiedererkennen können.

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